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Das spannende Handwerk des Orgelbaus

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Blogbeitrag: Im Blogbeitrag "Traditionshandwerk bei Familie Scheffler in Sieversdorf" beschreibt die Autorin ihre Erfahrungen in einem Orgelbau-Workshop, bei dem die Teilnehmerinnen praktisch in die Kunst des Orgelbaus eingeführt werden und abschließend eine historische Orgel in der Dorfkirche Sieversdorf erkunden.

Traditionshandwerk bei Familie Scheffler in Sieversdorf

Wie sicher die meisten Menschen hatte ich schon im Kindesalter meine ersten Begegnungen mit einer Orgel. In meinem Fall damals die Orgel unserer örtlichen Kirche beim Krippenspiel am Heiligen Abend. Damals war ich mir nicht immer so sicher, ob ich Orgelmusik wirklich mag. Da gab es Passagen, denen ich gern gelauscht habe, aber auch welche, wo ich es als Kind recht laut und unharmonisch fand.

 

Dann und wann folgten später Besuche in der ein oder anderen Dorfkirche, einfach weil ich die Architektur von so kleinen gemütlichen Kirchen mag. Vor ein paar Jahren durfte ich dann dienstlich ein Fotoshooting begleiten, bei dem wir Bilder im Fürstenwalder Dom machten und uns der damalige Pfarrer dort einen Einblick hinter die Kulissen gewährte, unter anderem auch IN die Orgel. War ich vorher immer davon ausgegangen, dass dieses Instrument nur aus den nach vorn sichtbaren Teilen besteht, erkannte ich dort, dass das ein gewaltiger Irrtum ist.

 

Im Hintergrund der Orgel verbirgt sich fast ein kleines Dorf – oder eine große Familie – aus vielen Pfeifen aller Größen, aus Holz oder Metall. Und damit entstanden viele Fragen… Wie setzt sich denn eine Orgel wirklich zusammen? Wie kommen die Töne von der Tastatur in die bzw. aus den Pfeifen? Wie kommen die unterschiedlichen Tonlagen zustande, die dem Hörer das Gefühl vermitteln, er hätte ein ganzes Orchester hinter sich?

Diese und viele weitere Fragen werden in der Orgelwerkstatt Scheffler in Sieversdorf beantwortet. Und dorthin ging es an einem Spätsommernachmittag zum Slow Trips Workshop „Lauschen in der Orgelwerkstatt“. Das Lauschen beschränkte sich an diesem spannenden Nachmittag nicht nur auf musikalische Klänge. Wir drei am Workshop teilnehmenden Mädels hingen auch förmlich an den Lippen von Seniorchef Christian Scheffler, der uns unheimlich viel Wissen zum Orgelbau vermittelte.

 

Aber von vorn… Die Orgelwerkstatt Scheffler ist in einem wunderschönen Backsteingebäude auf dem Sieversdorfer Gutshof beheimatet. Dort empfängt uns Christian Scheffler, stolz darauf, uns seine Passion näher zu bringen. Der Workshop beginnt mit einer Werkstattführung, wobei auch hier schon ausprobieren (wie bekommt man mit einem Hobel ein Stück raues Holz samtig glatt) und nachdenken (ist den nun der Ton der längeren Orgelpfeife höher oder tiefer als der der kürzeren?) an der Tagesordnung ist. Wir lernen etwas über die Geschichte des Orgelbaus, über bekannte Orgelbau-Meister, über Arbeitsmaterialien –alles sehr lebhaft und mitreißend von Christian Scheffler dargestellt. Er kommt in seinen Ausführungen vom hundertsten ins tausendste, ohne sich zu verzetteln und man kann nicht anders, als an seinen Lippen zu hängen und jeden Satz gespannt aufzusaugen.

Die Atmosphäre in der Werkstatt ist familiär, wir fühlen uns willkommen, auch bei den Mitarbeitern, die ebenfalls selbst einen Teil der Ausführungen übernehmen.

 

Anschließend geht es an die für uns vorbereitete Werkbank. Dort liegen schon kleine Einzelteile bereit, die vermuten lassen, dass kleine Holz-Pfeifen in unseren Händen entstehen werden. Unter den kundigen Blicken von unserem persönlichen Orgelbaumeister wird geleimt, zusammengesteckt, getrocknet und gereinigt, bis jeder von uns eine kleine Orgelpfeife in den Händen hält. Als Feinschliff im wahrsten Sinne des Wortes gehen wir jeder noch einmal mit Schleifpapier über die rauen Kanten und perfektionieren damit unser Werk.

 

Ganz stolz über unsere eigens geschaffenen kleinen Kunstwerke folgen wir Christian Scheffler eine kurze Strecke durchs Dorf zur Dorfkirche Sieversdorf. Diese ist ja genau nach meinem Geschmack!

Nach kurzen Anekdoten zur Dorfkirche an sich, erklimmen wir die Treppe zur Empore und dürfen uns die dortige Orgel (1891 von Wilhelm Sauer gebaut) von innen und außen ansehen und natürlich auch anhören. Schön, dass dem theoretischen und handwerklichen Exkurs zum Abschluss auch ein musikalischer folgt.

Ich glaube, für uns alle drei sprechen zu können, dass das Auftauchen aus der Orgel- und Werkstattwelt in die Wirklichkeit noch länger hätte warten können…